PorträtChantal Götz: Vor den Mauern

Die Juristin aus Liechtenstein organisiert jedes Jahr eine Konferenz zum Weltfrauentag im Vatikan. Diesmal kam es zum Konflikt um einige Sprecherinnen.

Was mir Angst macht, ist, dass unsere Hierarchie Christus auf einen ziemlich unattraktiven Politiker reduziert hat, der frauenfeindlich, homophob und gegen Abtreibung ist“, poltert die ehemalige irische Präsidentin Mary McAleese bei einer Pressekonferenz in Rom. Sie ist Hauptrednerin einer Konferenz zum Weltfrauentag. Seit fünf Jahren organisiert die Initiative „Voices of Faith“ am 8. März ein solches Treffen in Rom, bislang stets im Vatikan. Dass Frauen nicht zu Priesterinnen geweiht werden, nennt die konservative Politikerin, die von 1997 bis 2011 Präsidentin Irlands war, „als Theologie getarnter Frauenhass“. Die Pressekonferenz am Tag vor der Veranstaltung ist sehr gut besucht – und McAleese dominiert die Szene. Als eine andere Teilnehmerin sagt, sie wünsche sich, dass die in der Kirche arbeitenden Frauen sichtbarer würden, fährt McAleese ihr über den Mund: Nicht auf Sichtbarkeit komme es an, sondern auf tatsächliche Macht.

Neben ihr sitzt die Juristin Chantal Götz aus Liechtenstein auf dem Podium und bemüht sich, etwas weniger rabiate Töne anzuschlagen. Die Priesterweihe für Frauen sei nicht das primäre Anliegen der Gruppe. Zunächst einmal gehe es darum, mit den Kirchenvertretern in Dialog zu treten und die Stimme von Frauen hörbar zu machen, sagt Götz. Sie hat die Initiative vor fünf Jahren gegründet.

Ist es vorstellbar, dass eine Stimme wie McAleese eingeladen wird, im Vatikan zu sprechen? Kardinal Kevin Farrell, Leiter der neuen Vatikanbehörde für Laien, Familie und Leben, konnte es sich offenbar nicht vorstellen. Viermal hatte „Voices of Faith“ im Gebäude der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Vatikan getagt. Doch in diesem Jahr verlangte Farrell, drei der vorgesehenen Rednerinnen, darunter McAleese, von der Liste zu streichen. Doch statt klein beizugeben, entschied sich Chantal Götz für den Umzug vor die Mauern des Vatikans. So trifft man sich in diesem Jahr in der römischen Zentrale des Jesuitenordens.

Im Jahr 1969 hatte der Textilfabrikant Fidel Götz eine Stiftung zur Unterstützung der katholischen Kirche gegründet. Götz war mit Kurienkardinal Augustin Bea befreundet, der von 1960 bis zu seinem Tod 1968 das päpstliche Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen leitete, und hatte dessen Aktivitäten finanziell geholfen.

1999 übernahm dann seine Enkelin Chantal Götz die Geschäftsführung der Stiftung. „Damals habe ich mir die Frage gestellt, wie der Stiftungszweck der Fidel-Götz-Stiftung, der ja nicht veränderbar ist, zeigemäß interpretiert werden kann“, erzählt Götz. Aufgewachsen in einem eher strengen katholischen Haushalt, in dem der sonntägliche Messbesuch nicht ausfallen durfte und in dem auch die Maiandacht und die eucharistische Anbetung gepflegt wurde, ging sie als Jugendliche auf Distanz zum Katholizismus. Erwachsen geworden fand sie zu der Haltung, dass die Kirche „schon gut und recht“ sei, ohne sich aber besonders zu engagieren.

Als Geschäftsführerin der Familienstiftung erlebte sie dann die Arbeit von Frauen in einigen geförderten Projekten. „Als ich gesehen habe, wie sich manche Ordensschwestern für eine gewisse Sache aufopfern, etwa für die Arbeit mit Straßenkindern, hat mich das sehr fasziniert“, erzählt Götz. „Ich habe mich gefragt: Warum machen sie das, woher diese Leidenschaft? Ist es wirklich ihr katholischer Glaube, der sie dazu bringt, so von Herzen ihre Arbeit zu erledigen?“ Zunehmend sei die Stiftung dazu übergangen, soziale Projekte zu fördern, bei denen Frauen und Mädchen im Fokus stehen.

„Nach der Wahl von Papst Franziskus, der sagte, er wolle die Rolle der Frau in der Kirche stärken, habe ich gedacht: Versuchen wir doch einmal, eine Idee dazu in den Vatikan einzubringen und den Stiftungszweck neu und frisch zu interpretieren“, berichtet Götz. So sei die Konferenz zum Weltfrauentag im Vatikan entstanden. Dabei hat Götz die heiklen Themen bei den Konferenzen bislang eher ausgespart, wohl um es den Partnern im Vatikan nicht zu schwer zu machen. So wurde die Frage der Frauenordination in den zurückliegenden Jahren kaum berührt. In diesem Jahr entschied sie sich jedoch für die Konfrontation. Der öffentlichen Aufmerksamkeit hat das nicht geschadet. Doch beim Kongress am 8. März sind zwar zahlreiche Frauen vor allem aus der englischsprachigen katholischen Welt anwesend, auch einige Ordensschwestern, aber nur eine Handvoll Kleriker und kein einziger Vertreter der Kurie. Man bleibe dennoch im Gespräch, sagt Götz, und man werde auch gehört im Vatikan, da sei sie sich sicher.

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