BuchbesprechungDirk Ansorge: Kleine Geschichte der christlichen Theologie

Es hat sich schon lange kein katholischer Theologe im deutschsprachigen Raum mehr die Mühe gemacht, einen Überblick zur Theologiegeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart zu verfassen. Dabei handelt es sich aber um ein wichtiges Desiderat: Für einen sachgerechten und anschlussfähigen Umgang mit dem christlichen Glauben und seiner Geschichte reicht es schließlich nicht aus, nach Katechismusmanier Lehrsätze zusammenzustellen oder ganze Epochen nur schlagwortartig und oberflächlich abzuhandeln. Schon deshalb füllt das Buch des an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen (Frankfurt) lehrenden Dogmatikers Dirk Ansorge auf verdienstvolle Weise eine schmerzliche Leerstelle auf dem Feld der theologischen Veröffentlichungen.

Ansorge gelingt es durchgehend, die Entwicklung des theologischen Nachdenkens in ihren verschiedenen Phasen in einer klaren Diktion und in verständlicher Sprache darzustellen, ohne bei aller nicht vermeidbaren Knappheit zu simplifizieren, aber auch ohne Verstiegenheiten. Das gilt für die altkirchlichen Auseinandersetzungen um das Verständnis der Trinität und von Person und Werk Jesu Christi genauso wie für die Irrungen und Wirrungen des frühneuzeitlichen Gnadenstreits oder auch für die verschiedenen theologischen Ansätze der letzten Jahrzehnte mit ihren jeweiligen Gesprächspartnern und Bezugspunkten. Der katholische Dogmatiker Ansorge berücksichtigt auch die reformatorische und orthodoxe Theologie, nicht ohne den einleitenden Hinweis: „Wo Schwerpunkte orthodoxer oder evangelischer Theologie berührt werden, geschieht dies in Auswahl und Darstellung unvermeidlich aus katholischer Perspektive“ (14).

Das Buch skizziert prägnant jeweils den historischen und geistesgeschichtlichen Horizont für die epochalen Ausprägungen der christlichen Glaubensreflexion. Es ist auch hilfreich, dass Ansorge immer wieder die Linien auf spätere Entwicklungen der Theologie auszieht und so Gespür für Brüche und Neuansätze vermittelt: „Zu einer konstruktiven Rezeption Kants gelangten katholische Theologen im Grunde erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und vor dem Hintergrund einer positiven Würdigung von Autonomie und Säkularität“ (278). Das Buch zeichnet die Geschichte der Theologie insgesamt als „Geschichte eines fortdauernden – und längst nicht abgeschlossenen – Ringens um die Wahrheit und die Bedeutsamkeit der Offenbarung“ (28) – anders ist sie redlicherweise wohl auch nicht zu haben.

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Dirk Ansorge

Kleine Geschichte der christlichen TheologieEpochen, Denker, Weichenstellungen

Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2017. 406 S. 29,95 € (D)