AuftaktFamilienpolitiker am Zug

Nach dem Ende des bundeseinheitlichen Betreuungsgeldes braucht es einen neuen Anlauf für die Familienförderung.

Keine zwei Jahre nach der Einführung wurde es schon wieder kassiert. Ende Juli hat das Bundesverfassungsgericht in einem einstimmig ergangenen Urteil des Ersten Senats entschieden, dass ein deutschlandweites Betreuungsgeld nicht rechtmäßig ist, weil der Bund in dieser Frage keine Zuständigkeit habe. Bis zur Einführung seinerzeit wurde erbittert um die 100 beziehungsweise zuletzt 150 Euro gestritten, die jenen Familien zukommen sollten, die nach dem Ausbau der Kinderbetreuung durch die Kommunen keinen öffentlich geförderten Platz in Anspruch nehmen. Für immerhin 460 000 Kleinkinder wird derzeit Betreuungsgeld gezahlt.

Familienbischof Heiner Koch hat die Entscheidung stellvertretend für die deutschen Bischöfe bedauert. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer – die CSU hatte die Einführung des Betreuungsgeldes maßgeblich betrieben – regte gleich an, der Bund solle die rund eine Milliarde Euro, die im Bundesetat jährlich für das Betreuungsgeld eingeplant ist, jetzt für eine direkte Förderung durch die Länder zur Verfügung stellen.

Von Anfang an war es misslich, dass man bei der Diskussion das Gefühl hatte, dass es nicht wirklich um die Nöte von Familien heute geht, sondern um Möglichkeiten zur parteipolitischen Profilierung. Es war auch immer klar, dass es sich angesichts der Beträge, die Kinder für Familieneinkommen und -budget bedeuten, um eine vergleichsweise kleine Summe handelt. Wenn die Familienpolitiker jetzt wieder am Zug sind, um über die eingeplanten Mittel zu verhandeln, sollten sie das als neuerlichen Anlauf dafür nutzen, eine bessere Familienförderung in Angriff zu nehmen. Sowohl der Familienbund der Katholiken als auch der Deutsche Caritasverband beispielsweise haben daran erinnert, dass alle Familien ein Recht auf mehr Förderung hätten – unabhängig von den Betreuungsformen, die in der Regel ohnehin aus einem „Mix“ aus Betreuung durch Mutter und Vater, öffentlichen Angeboten und privat-familiären Netzwerken bestehe. Das gilt dann auch über das Kleinkindalter und den weiterhin notwendigen Ausbau qualitativ hochwertiger Einrichtungen hinaus.

Es mag sein, dass es in anderen Ländern weniger direkte Zahlungen für Kinder und Jugendliche gibt. Die große Gerechtigkeitslücke zwischen Erwachsenen mit und ohne Kindern ist aber weiterhin so hoch, dass auch darüber hinaus – etwa mit Blick auf die Sozialabgaben – dringender Handlungsbedarf besteht. Das ist mit Blick auf ein Leben mit eigenen Kindern ebenfalls eine Frage der Wahlfreiheit.

Es kann dabei auch kein Gegenargument sein, dass alle jüngeren Initiativen es nicht vermocht haben, die Geburtenrate signifikant zu steigern. Hier ist mehr Ausdauer gefragt, um den notwendigen, von vielerlei Faktoren abhängigen Mentalitätswechsel zu schaffen.

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