KommentarUmsonst?

In deutschen Diözesen beginnen sich Verteilzeitungen zu etablieren.

Mit Playmobilfiguren auch religiöse Geschichten nachzustellen, ist keine neue Idee. Was aber wäre als Sinnbild für möglichst niederschwellige Mitgliederzeitschriften der Kirchen geeigneter als solche Szenerien? Sie sind schön bunt, plastisch und kinderleicht zu erfassen, betonen das Spielerische. Das Porträt der Sammlung solcher Figuren in biblischem Ambiente eines Kirchenführers am Essener Dom, erschienen im neuen Magazin des Ruhrbistums „Bene“ (Nr. 3), wird nicht das letzte seiner Art sein.

Bene ist dabei nur das erste Beispiel dafür, wie Experimente mit Verteilzeitungen in deutschen Diözesen, etwa auch im Erzbistum Köln, inzwischen verstetigt werden. Jetzt hat man in Hildesheim die erste bistumsweite Ausgabe von „Jes“ vorgestellt. Nachdem man gut zwei Jahre in der Stadt Braunschweig das Konzept ausprobiert hat, wurde „das katholische Magazin“ (weiterer Untertitel: „suchen.fragen.finden“) mit der Juni-Ausgabe erstmals allen rund 400 000 katholischen Haushalten von der Nordseeküste bis Duderstadt kostenlos per Post zugestellt.

Im Bistum Essen ist gerade die vierte Ausgabe von „Bene“ erschienen, nachdem man Ende des vergangenen Jahres die ­traditionsreiche Kirchenzeitung „Ruhr-Wort“ eingestellt hat. Während einige Journalisten auf eigene Faust versuchen, ein kirchenunabhängiges „Neues Ruhr-Wort“ auf dem Markt durchzusetzen, hat sich das Bistum für die wie Jes alle zwei Monate erscheinende Verteilvariante entschieden, die zumindest für die Empfänger kostenlos ist (vgl. HK, Februar 2013, 59 f.).

Ob Jes oder Bene: Mitgliedermagazine dieser Art zeichnen sich neben der optisch aufwändigeren Machart mit großen Fotos dadurch aus, dass bei ihnen Menschen im Vordergrund stehen, keine Ereignisse, Vorgänge, anderen Nachrichten oder gar kirchliche Dokumente. Ausdrücklich will man die Lebenswelt der Leser im Blick haben und emotional bewegende Geschichten präsentieren. 

Nicht auf jeder Seite unterscheidet man sich deshalb von anderen Druckerzeugnissen, die werbefinanziert im Briefkasten landen. Auf der anderen Seite sind etwa die beiden Neupriester dieses Weihejahrgangs ebenso Thema wie konkrete Beispiele des sozialen Engagements der Kirche. Auch findet sich immer wieder eine Rubrik, mit der in möglichst einfacher Form so genanntes Glaubenswissen präsentiert werden soll, in Jes beispielsweise in der Rubrik „Katholisch kompakt“ dieses Mal: „Was Pfingsten ist“. Und während Jes ganz auf die Print-Ausgabe setzt, gehören die Online-Aktivitäten mit den ihnen eigenen multimedialen Möglichkeiten bei Bene konstitutiv dazu.

Leidenschaftlicher Journalismus, pointierte Kommentare, herausfordernde Artikel, hintergründige Informationen und präzise Analyse, so Jes über Jes, ist da allerdings mehr Lyrik der Selbstdarstellung, mit der man in erster Linie Werbeanzeigen verkaufen möchte. Ausdrücklich keine Rolle spielen innerkirchliche Konfliktthemen. Diese hätten weiterhin ihren Platz in der wöchentlich erscheinenden Kirchen-Zeitung des Bistums Hildesheim, zu der man keine Konkurrenz sein wolle, so Matthias Bode. Bode ist deren Redaktionsleiter, der auch der Bernward Mediengesellschaft vorsteht, die Jes redaktionell verantwortet.

Erklärtes Ziel sei es, nicht nur die (Sinus-)Milieus der Konservativen und Traditionsverwurzelten, aus dem sich Kirchgänger und Ehrenamtliche in erster Linie speisen, sondern auch jene mit mutmaßlichen kirchlichen Anknüpfungsmöglichkeiten (Sinnstiftermag, Nr. 15). Eine repräsentative Umfrage zur Evaluation des Braunschweiger Experiments hat die Macher bestätigt. Themenauswahl und Aufbereitung haben dort mit Zustimmungswerten von mehr als 90 Prozent Bestnoten bekommen. Auch hat man die gewünschte Zielgruppe erreicht: 55 Prozent der Leser gaben an, nie oder nur sehr selten in die Kirche zu gehen.

Auslöser dieser Entwicklung ist auch der Auflagenschwund bei der klassischen Bistumspresse, der aller Voraussicht weiter anhalten wird. Es steht darüber hinaus außer Frage, dass es ein Anliegen der Kirchen sein muss, alle jene besser zu erreichen, die stoisch ihre Kirchensteuern bezahlen, ansonsten aber nur an den Wendepunkten des Lebens eine pastorale Dienstleistung in Anspruch nehmen. So ist es auch kein Zufall, dass der verantwortungsvolle Umgang der Kirche mit dem ihm anvertrauten Geld in den Magazinen nicht nur ein Thema am Rande ist.

Problematisch wäre allerdings, wenn solche Angebote die Tendenz verstärken würde, in einem strengeren Sinne journalistische Angebote kirchlicher Publizistik, die über die Einnahmen durch die Abonnenten hinaus ebenfalls auf Subventionen angewiesen sind, weiter auszudünnen. Angesichts der Tatsache, dass die finanziellen Ressourcen in Zukunft insgesamt knapper werden, ist ja nicht ausgemacht, dass neue Mitgliedermagazine, über die man auch in anderen ­Diözesen und sogar als bundesweite Variante nachdenkt, einfach zusätzlich gestemmt werden können – zumal der Finanzbedarf vor allem für den Vertrieb erheblich ist.

Eine – bei aller Loyalität auch kritische – Berichterstattung und Kommentierung kirchlicher Vorgänge auch auf regionaler Ebene sind jedoch wichtiger denn je (vgl. HK, November 2013, 591 ff.). So unangenehm dies in Einzelfällen sein mag: Nicht nur alle Haupt- und Ehrenamtlichen mit ihrem Informationsbedürfnis profitieren davon, sondern jede Ortskirche, der an ihrer eigenen Glaubwürdigkeit gelegen ist. Keine noch so gut gemachte PR-Aktivität kann da ein Ersatz sein.

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